Der Mann leidet an fortgeschrittenem Lymphdrüsenkrebs. Bei ihm waren zuvor alle verfügbaren medizinischen Behandlungen ausgeschöpft worden. Eine erfolgreiche Behandlung mit der Gentherapie könnte nun zu einer deutlich längeren Lebenserwartung oder bestenfalls zu einer Heilung führen. Das UKL ist derzeit das einzige Zentrum in Ostdeutschland, das für die Behandlung mit dem Gentherapeutikum Kymriah qualifiziert ist. Mit diesem Medikament können aggressive Formen von B-Zell-Lymphomen und akuter lymphatischer Leukämie behandelt werden. 2017 wurde es in den USA zugelassen, 2018 in Europa.
So funktioniert es: Dem Patienten werden Immunzellen aus dem Blut entnommen und im Labor gentechnisch so manipuliert, dass sie zielgerichtet Krebszellen erkennen und zerstören. Der Patient erhält dann nur noch eine leichte Chemotherapie, bevor ihm mit einer einzigen Infusion die neuen Immunzellen zurückgegeben werden. Diese können sich dann im Körper durchsetzen und vermehren. Die Infusion ist ein maßgeschneidertes Medikament und kostet rund 340 000 Euro.
Die ersten Tage hätten gezeigt, dass die Therapie angeschlagen hat, teilte das UKL am Dienstag mit. Der Patient sei frei von Nebenwirkungen, sein Zustand habe sich bereits wesentlich verbessert. Die Therapie läuft unter Federführung von Professor Uwe Platzbecker, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I und Leiter des Bereichs Hämatologie und Zelltherapie, sowie den Oberärzten Dr. Georg-Nikolaus Franke und Dr. Vladan Vucinic.
Die ersten zehn Tage nach Rückgabe des veränderten Zellmaterials in den Körper des Patienten werden als kritischer Zeitraum gesehen, weil schwere Nebenwirkungen auftreten können. Dem ersten Leipziger Kymriah-Patienten geht es aber bestens; schwere Nebenwirkungen gab es nicht. Hämatologie-Chef Platzbecker sieht darin einen ersten Teilerfolg. Nun könnten die manipulierten Zellen ihre „Wanderung“ in die Lymphknoten des Mannes angehen und beginnen, die Krebszellen zu zerstören. Von einem Erfolg würde Platzbecker sprechen, wenn der Tumor nach drei Monaten mindestens nicht weitergewachsen und nach einem Jahr im besten Fall komplett oder zumindest zur Hälfte verschwunden sei. Die erste Untersuchung nach der Therapie zeigte bereits, dass der Tumor auf die Behandlung anspricht.
Für Klinikdirektor Platzbecker, der im Oktober 2018 von Dresden ans UKL gewechselt war, soll die neue Gentherapie zu den Schwerpunkten seiner klinischen Arbeit in Leipzig gehören. Der erste Einsatz stelle daher einen wichtigen Meilenstein dar, so das Klinikum. Weitere Anwendungen sollen folgen: Bei vier UKL-Patienten haben die Krankenkassen bereits ihre Genehmigung erteilt. Auf der Warteliste befinden sich fünf weitere Personen.
Das Therapeutikum Kymriah wird für das UKL unter anderem in Leipzig produziert. Das hiesige Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) stellt es für Novartis in den nächsten Jahren zum Teil vor Ort her, bis der Arzneimittelhersteller eigene Produktionskapazitäten aufgebaut hat.
vgl. auch: https://www.uniklinikum-leipzig.de/HealthMagazine/0919.pdf
1 2